Beistandschaft für Erwachsene
Subsidiarität der behördlichen Massnahmen
Vorrang des Selbstbestimmungsrechts
Das Erwachsenenschutzrecht soll die Selbstbestimmung der betroffenen Person so weit wie möglich erhalten und fördern. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) greift nur da ein, wo die Familie, andere nahestehende Personen oder private oder öffentliche Dienste das Wohl und den Schutz der hilfsbedürftigen Person nicht sicherstellen können.
- Solange eine Person ihre Handlungen selbst vernünftig beurteilen kann, ist sie urteilsfähig und kann selber handeln. Sie kann namentlich über den Vorsorgeauftrag und die Patientenverfügung weitestgehend selber bestimmen, wer im Falle ihrer Urteilsunfähigkeit welche Handlungen vornehmen darf.
Vorsorgeauftrag
Mit einem Vorsorgeauftrag beauftragt die handlungsfähige Person eine natürliche oder juristische Person , sich um sie und/oder ihre Finanzen zu kümmern, sofern sie urteilsunfähig wird. Das Zivilstandsamt trägt den Vorsorgeauftrag auf Antrag in die zentrale Datenbank ein.
Erfährt die KESB, dass eine Person urteilsunfähig wurde, prüft sie von Amtes wegen, ob ein Vorsorgeauftrag vorliegt und ob dieser gültig und ausreichend ist. Sie zieht die erforderlichen Erkundigungen ein und ordnet nötigenfalls ein Gutachten einer sachverständigen Person an um festzustellen, ob die im Vorsorgeauftrag genannte Person im konkreten Fall geeignet ist, den Auftrag zu übernehmen. Ist dies der Fall und nimmt die Person den Auftrag an, weist die KESB sie auf ihre Pflichten hin und händigt ihr den Vorsorgeauftrag aus.
Fristen & Formvorschriften
Die handlungsfähige Person muss den Vorsorgeauftrag
• vollständig eigenhändig schreiben, datieren und unterzeichnen oder
• öffentlich beurkunden lassen.
Für den Widerruf gelten die gleichen Formvorschriften. Die urteilsfähige Person kann den Vorsorgeauftrag auch widerrufen, indem sie die Urkunde und allenfalls hinterlegte Vorsorgeaufträge vernichtet.
Patientenverfügung
Eine urteilsfähige Person kann in einer Patientenverfügung festlegen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall seiner Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht zustimmt.
Wird eine Person urteilsunfähig und ist in ärztlicher Behandlung, klärt ihre Ärztin ab, ob eine Patientenverfügung vorliegt. Ist dies der Fall, handelt die Ärztin gemäss dieser Verfügung, sofern sie gültig und rechtmässig ist. Die der urteilsunfähigen Person nahestehenden Personen können sich an die KESB wenden, wenn sie Zweifel an der Korrektheit der Patientenverfügung oder deren Umsetzung haben.
siehe auch: «Darf ich eine Bluttransfusion aus religiösen Gründen ablehnen?» und «Darf ich meine Konkubinatspartnerin im Spital besuchen?»
Fristen & Formvorschriften
Die urteilsfähige Person
• muss die Patientenverfügung schriftlich errichten, datieren und unterzeichnen
• kann die Patientenverfügung auf seiner Versichertenkarte eintragen lassen. siehe auch: «Welche Daten befinden sich auf meiner Versichertenkarte?»
Für den Widerruf gelten die gleichen Formvorschriften. Die urteilsfähige Person kann die Patientenverfügung auch widerrufen, indem sie die Patientenverfügung und allfällige hinterlegte Kopien vernichtet.
Bei Zweifeln im Zusammenhang mit der Patientenverfügung müssen sich die der urteilsunfähigen Person nahestehenden Personen schriftlich an die KESB wenden.
Unterstützung durch die Familie / nichtbehördliche Dienste
Ohne gültigen und anwendbaren Vorsorgeauftrag und/oder Patientenverfügung prüft die KESB, sobald sie von der Urteilsunfähigkeit einer Person erfährt, ob diese von ihrer Familie, einer anderen nahestehenden Person oder von privaten oder öffentlichen Diensten eine geeignete Unterstützung erhält.
Die Ehegattin oder der eingetragene Lebenspartner hat ein gesetzliches Vertretungsrecht, solange sie/er mit der urteilsunfähigen Person zusammen lebt. oder ihr regelmässig Beistand leistet. Dieses Vertretungsrecht umfasst insbesondere die Regelung des täglichen Unterhalts. Die KESB greift nur in die Vertretungsbefugnisse ein, wenn die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind.
Die KESB klärt den Sachverhalt ab um zu prüfen, ob die nichtbehördliche Unterstützung ausreicht. Sie berücksichtigt dabei die Belastung und den Schutz von Angehörigen und Dritten.