Familie
Darf ich bei der KESB anonym eine Gefährdungsmeldung machen?
Anonyme Gefährdungsmeldungen sind möglich. Wer der KESB jedoch seine Identität offenlegt, ist in einem allfälligen Gerichtsverfahren nicht geschützt.
Wer der Ansicht ist, dass «die körperliche, psychische oder sexuelle Integrität eines Kindes gefährdet scheint», kann der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Meldung erstatten. Das Zivilgesetzbuch (ZGB) kennt für diese Gefährdungsmeldungen keine Formvorschriften, weswegen die KESB grundsätzlich auch anonymen Meldungen nachgehen muss. Kennt die KESB allerdings den Namen der meldenden Person, kann sie keine Anonymität garantieren. Denn ein Gericht wird hier Akteneinsicht gewähren müssen, sofern nicht ausserordentliche Umstände vorliegen. (Siehe auch: «Muss mich die Ärztin über ihr Gespräch mit meinem Sohn informieren?»)
Anonyme Meldungen an die KESB sind möglich
Das ZGB schreibt nicht vor, ob und wie sich eine meldende Person zu erkennen geben muss. Wer gegenüber der KESB seine Identität nicht offenlegen möchte, darf gleichwohl eine Gefährdungsmeldung machen. Eine Meldung kann mündlich oder schriftlich erfolgen. In der Regel sind auf den Websites der KESB auch Meldeformulare verfügbar.
Da es sehr oft nicht auf den ersten Blick erkennbar ist, ob tatsächlich eine Gefährdung vorliegt, bietet die KESB teilweise anonyme Fallbesprechungen an.
Aufgepasst: Liegt eine akute Gefährdung vor und ist die zuständige KESB nicht erreichbar, sollte sich die meldende Person an die Polizei wenden.
Im Verfahren legt Gericht Identität offen
Ist der KESB der Namen der meldenden Person bekannt, kann sie die Vertraulichkeit nicht garantieren. Dies gilt selbst dann, wenn die KESB der meldenden Person Anonymität zusichert. Soweit ersichtlich gibt es dazu noch keine bundesgerichtliche Rechtsprechung, aber das Berner Obergericht hat in einem solchen Fall die Identität der meldenden Person gegenüber der gemeldeten Familie offengelegt. Eine Frau meldete sich namentlich bei der KESB, weil sie der Ansicht war, eine Mutter kümmere sich nicht genügend um ihre beiden Kinder. Die KESB stellte keine Kindeswohlgefährdung fest, worauf die Kindsmutter schlussendlich erfolgreich Akteneinsicht verlangte und so den Namen der meldenden Person erfuhr.