Familie
Darf mein Kind entscheiden, bei welchem Elternteil es leben will?
Ein Kind kann nicht bestimmen, wo es leben will. Es ist aber im Verfahren anzuhören.
Die sorgeberechtigten Eltern haben das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Lassen sich die Eltern scheiden, genehmigt ein Gericht den Entscheid über den Aufenthaltsort des Kindes oder fällt den Entscheid mittels Urteil selbst. Trennt sich ein unverheiratetes Elternpaar, kann es ohne Beizug einer Behörde über den Aufenthaltsort des Kindes entscheiden oder die Kindes- und Erwachsenenbehörde (KESB) beiziehen.
Die Zivilprozessordnung hält fest, dass Kinder in familienrechtlichen Angelegenheiten anzuhören sind. Ebenso verankert das Zivilgesetzbuch, dass Kinder im Kindesschutzverfahren anzuhören sind. Zur Anhörung der Kinder in sie betreffenden Verfahren ist die Schweiz auch als Vertragsstaat der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet. Kinder dürfen sich zu sie «berührendenden Angelegenheiten» frei äussern. Die Behörden haben diese Meinungsäusserung entsprechend dem Alter und der Reife des Kindes zu berücksichtigen.
Sorgeberechtigte Eltern bestimmen Wohnort
Grundsätzlich bestimmen die sorgeberechtigten Eltern darüber, wo ihr Kind wohnt. Nach einer Scheidung genehmigt das Gericht den Vorschlag der Eltern zum Wohnort des Kindes, sofern dieser dem Kindeswohl dient. Können sich die Eltern nicht einigen oder widerspricht der vereinbarte Wohnort dem Kindeswohl, legt das Gericht den Wohnort des Kindes fest. Trennt sich ein Konkubinatspaar, kommen die Behörden in Form der KESB nur ins Spiel, sofern sich das Elternpaar nicht einigen kann oder sofern das Kindeswohl gefährdet ist. (Siehe auch: «Darf ich meinen Sohn während der Lehre aus der Wohnung werfen?»)
Kinder dürfen beim Wohnort mitreden
Ein Kind ist vor Gericht oder vor der KESB anzuhören, sofern es in der Sache urteilsfähig ist. Das Bundesgericht geht «im Sinn einer Richtlinie davon aus, dass die Kinderanhörung grundsätzlich ab dem vollendeten sechsten Altersjahr möglich ist. Indes ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich je nach konkreten Umständen auch die Anhörung eines etwas jüngeren Kindes aufdrängen könnte, etwa wenn von mehreren Geschwistern das jüngste kurz vor dem genannten Schwellenalter steht». (Siehe auch: «Kann ich mit 15 Jahren entscheiden, ob mich mein Vater besuchen darf?»)
Im Gerichtsverfahren oder im Verfahren vor der KESB darf sich also das Kind, sofern es alt und reif genug ist, zum gewünschten Wohnort äussern. Den Entscheid trifft jedoch das Gericht oder die KESB, wobei sich alle Behörden von dem Kindeswohl leiten lassen müssen.
Aktualisiert am 14. November 2024