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Mobbing am Arbeitsplatz: Muss mich mein Chef schützen?

Die Arbeitgeberin darf kein Mobbing dulden. Kommt es gleichwohl zu Mobbing, hat der Arbeitnehmer verschiedene, insbesondere finanzielle, Ansprüche.

Die Arbeitgeberin hat gegenüber ihren Mitarbeitern eine Fürsorgepflicht. Sie hat den Schutz der persönlichen Integrität der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Der Chef muss seine Mitarbeiter deswegen vor Mobbing schützen, wobei die Rechtsprechung Mobbing eng definiert. Die Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin beginnt jedoch schon dort, wo die Arbeitskonflikte die Schwelle zum Mobbing noch nicht erreicht haben. (Siehe auch: «Sind Halloween-Streiche am Arbeitsplatz erlaubt?»)

Mobbing ist schwierig nachzuweisen, weswegen der betroffene Arbeitnehmer am besten ein Mobbing-Tagebuch führt. Kann der Arbeitnehmer Mobbing erfolgreich nachweisen, hat er finanzielle Ansprüche gegen die Arbeitgeberin beziehungsweise kann gegen die ehemalige Arbeitgeberin Ansprüche wegen einer allfälligen missbräuchlichen Kündigung geltend machen.

Konflikte am Arbeitsplatz sind nicht automatisch Mobbing

Das Gesetz definiert nicht, was Mobbing ist. Das Bundesgericht beschreibt Mobbing als «systematisches, feindliches, über einen längeren Zeitraum anhaltendes Verhalten, mit dem eine Person an ihrem Arbeitsplatz isoliert, ausgegrenzt oder gar von ihrem Arbeitsplatz entfernt werden soll». Hingegen liegt Mobbing «aber nicht schon dann vor, wenn ein Arbeitskonflikt oder eine schlechte Arbeitsatmosphäre besteht, oder wenn eine angestellte Person aufgefordert wird – selbst wenn es auf eindringliche Weise oder mit der Androhung von Disziplinarmassnahmen oder einer Entlassung geschieht – ihren Arbeitspflichten nachzukommen».

Gleichwohl muss die Arbeitgeberin aufgrund ihrer Fürsorgepflicht auch bei unter der Mobbingschwelle liegenden Arbeitskonflikten handeln. Denn sie ist verpflichtet, den Arbeitnehmer in seiner Persönlichkeit zu schützen und nicht erst dann Massnahmen zu ergreifen, wenn es bereits zu Mobbing gekommen ist. (Siehe auch: «Muss die Schule mein Kind vor Mobbing schützen?»)

Betroffener Arbeitnehmer muss Mobbing nachweisen

Wie das Bundesgericht festhält, ist Mobbing schwierig und meist nur mit Indizien zu beweisen. Hinweise auf Mobbing sind beispielsweise folgende Vorfälle, wobei diese systematisch und über eine längere Zeit vorkommen müssen:

  • Soziale Ausgrenzung, etwa indem die anderen Mitarbeiter den Kollegen nicht an Gesprächen, Einladungen oder Pausen teilnehmen lassen, ihn ignorieren oder Gerüchte in Umlauf bringen;
  • Berufliche Ausgrenzung, etwa indem der betroffene Arbeitnehmer keine interessanten Aufgaben erhält, die Kollegen seine Leistung ungerechtfertigterweise schlecht reden oder als ihre eigenen verkaufen oder indem die Kollegen seine Arbeitsergebnisse sabotieren indem sie beispielsweise Fehler einbauen;
  • Gesundheitliche Angriffe, etwa indem die Kollegen den betroffenen Arbeitnehmer bedrohen oder tatsächlich in seiner körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität verletzen.

Aufgepasst: Äussert ein Arbeitnehmer Mobbing-Vorwürfe ohne sie beweisen zu können, riskiert er eine Verurteilung wegen Ehrverletzung. Es ist deswegen zum eigenen Schutz zentral, dass der Arbeitnehmer ein Mobbing-Tagebuch führt und Belege sammelt.

Gemobbter Arbeitnehmer hat Rechte

Am besten reagiert der Arbeitnehmer auf Konflikte am Arbeitsplatz, bevor sie in ein Mobbing münden. Er kann sich dafür bei seinem Chef melden, denn die Arbeitgeberin ist aufgrund ihrer Fürsorgepflicht generell verpflichtet, Arbeitskonflikte wo nötig zu schlichten.

Liegt jedoch bereits Mobbing vor und kann der Arbeitnehmer dies auch nachweisen, hat er verschiedene Rechte. Während des Arbeitsverhältnisses kann er sich weigern, arbeiten zu kommen. Die Arbeitgeberin muss, sofern sie das Mobbing einräumt oder ein Gericht dieses bestätigt, dem Arbeitnehmer für diese Zeit den Lohn bezahlen. Je nach Folgen des Mobbings kann der Arbeitnehmer auch Schadenersatz- und Genugtuungsforderungen stellen. Kommt es im Zusammenhang mit dem Mobbing zu einer Kündigung seitens der Arbeitgeberin, könnte ein Gericht diese als missbräuchlich qualifizieren. Die Kündigung bleibt zwar gültig, die Arbeitgeberin muss dem Arbeitnehmer aber eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen bezahlen.