Behörden
Muss die Behörde die kalte Progression ausgleichen?
Der Bund passt seine Steuertarifstufen jährlich an den Landesindex der Konsumentenpreise an und verhindert so, dass die Steuerbelastung trotz gleichbleibender Kaufkraft prozentual steigt. Die Kantone haben hier keine gesetzlichen Vorgaben und handhaben den Ausgleich dieser so genannten kalten Progression unterschiedlich.
Der Bund ist verfassungsrechtlich verpflichtet, bei der Steuer auf dem Einkommen der natürlichen Personen die Folgen der so genannten kalten Progression auszugleichen. Er gleicht die direkte Bundessteuer automatisch aus und stellt durch die Kopplung seiner Steuertarifstufen und -abzüge an den Landesindex für Konsumentenpreise (LIK) sicher, dass die Steuerbelastung für die steuerpflichtige Person nicht prozentual steigt, obwohl ihr Einkommen kaufkraftbereinigt gleich geblieben ist.
Da das Steuerharmonisierungsgesetz keine entsprechenden Vorgaben macht, ist es den Kantonen und Gemeinden überlassen, ob sie die kalte Progression ausgleichen wollen oder nicht. So kennen einige Kantone eine analog zur Bundesregelung automatische Anpassung, andere eine obligatorische und eine dritte Gruppe gleicht die kalte Progression nur fakultativ aus.
Kalte Progression erhöht Steuerbelastung trotz gleichbleibender Kaufkraft
Mit zunehmender Höhe des Einkommens nimmt auch der für die Einkommenssteuer massgebliche Steuersatz zu. Wer mehr verdient, muss prozentual mehr von seinem Einkommen als Steuer abliefern als wer weniger verdient. Gleicht nun die Arbeitgeberin die Teuerung aus, steigt das Einkommen der steuerpflichtigen Person nominal, die Kaufkraft bleibt aber gleich. Passt das zuständige Gemeinwesen den Steuertarif nicht ebenfalls an, rutscht die steuerpflichtige Person möglicherweise in eine höhere Steuerstufe, ohne dass ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit grösser geworden wäre.
Kantone gleichen die kalte Progression unterschiedlich aus
Während der Bund die kalte Progression bei der Einkommenssteuer für natürliche Personen seit dem 1. Januar 2011 automatisch ausgleicht, kennen die Kantone verschiedene Systeme.
- Eine jährliche oder zweijährliche automatische Indexierung kennen die Kantone Luzern, Uri, Zug, Basel-Stadt, Basel-Land, Aargau, Thurgau, Waadt, Wallis, Genf, Jura und Zürich. Hier werden die Steuerstufen und -abzüge unabhängig von dem Ausmass der Teuerung automatisch angepasst.
- In den Kantonen Bern, Obwalden, Nidwalden, Glarus, Freiburg, Solothurn, Appenzell Ausserrhoden, Graubünden und Tessin gilt das System der obligatorischen Indexierung. Dies bedeutet, dass der Ausgleich der kalten Progression insbesondere von der Höhe der Teuerung abhängt.
- Nur eine fakultative Indexierung kennen die Kantone Schaffhausen, Appenzell Innerrhoden, St. Gallen und Neuenburg. Hier dürfen die zuständigen Behörden die Steuerstufen und -tarife der Teuerung anpassen, müssen aber nicht.
- Der Kanton Schwyz indexiert den Tarif obligatorisch, die Abzüge hingegen nur fakultativ.