Behörden
Muss ich für meine Verwandten zahlen?
Wer finanziell gut dasteht, muss Verwandte in Not unterstützen. Nur in Ausnahmefällen wird ein Gericht entscheiden, dass die Pflicht «unbillig» ist.
Das Zivilgesetzbuch (ZGB) verankert eine Verwandtenunterstützungspflicht: In «günstigen Verhältnissen» lebende Personen sind verpflichtet, «Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden». Nur wenn die Unterstützung «wegen besonderer Umstände als unbillig» erscheint, «kann das Gericht die Unterstützungspflicht ermässigen oder aufheben».
Erbberechtigte müssen Verwandte unterstützen
Eine finanziell in Not geratene Person hat grundsätzlich Anspruch auf Sozialhilfe. Bei der Sozialhilfe gilt jedoch das Subsidiaritätsprinzip. Das bedeutet, dass zunächst allfällig unterhaltsverpflichtete Eltern, Ehegatten oder eingetragene Partner im Bedarfsfall finanzielle Unterstützung leisten müssen. Ist dies aber nicht möglich, muss das Sozialamt prüfen, ob nahe Verwandte einspringen müssen. Betroffen sind dabei die Verwandten in gerader Linie in der Reihenfolge ihrer Erbberechtigung. Geschwister fallen nicht unter die Verwandtenunterstützungspflicht, ebenso wenig etwa ein Onkel oder eine Cousine.
Aufgepasst: Wer die Erwerbstätigkeit reduziert, um seine Kinder selbst zu betreuen, riskiert sein Recht auf Unterstützung zu verlieren. Denn wenn die Notlage wegen der Kinderbetreuung entsteht, geht der Anspruch gegenüber den Verwandten auf Unterstützung unter.
Voraussetzung für Verwandtenunterstützungspflicht sind günstige Verhältnisse
Nur wer selbst in «günstigen Verhältnissen» lebt, kann zur Unterstützung naher Verwandter verpflichtet sein. Ob diese günstigen Verhältnisse vorliegen, entscheidet sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Diese müssen so gut sein, dass die Person aktuell, aber auch im Alter, ein wohlhabendes Leben führen kann. Laut Bundesgericht ist dafür ein Betrag von monatlich bis zu 20 000 CHF bis zum erwarteten Lebensende einzuplanen. (Siehe auch: «Darf ich Geld verschenken, um nicht für die Pflege zahlen zu müssen?»)
Verwandtenunterstützungspflicht kann unbillig sein
Auch wer in günstigen Verhältnissen lebt, muss bedürftige nahe Verwandte nicht in jedem Fall unterstützen. Das Gericht kann den zu leistenden Beitrag ermässigen oder aufheben, wenn eine Unterstützung unbillig scheint. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die an sich anspruchsberechtigte Person gegenüber dem Verwandten ein schweres Verbrechen begangen hat, aber gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung beispielsweise auch dann, wenn gar keine persönliche Beziehung zwischen den Verwandten besteht.