Familie
Muss ich im Scheidungsverfahren mein Einkommen offenlegen?
Die Parteien eines Scheidungsverfahrens müssen im Prozess wahrheitsgemäss aussagen. Hat das Gericht Zweifel an der Einkommensdeklaration einer Partei, kann es auf die Aussagen der Gegenpartei abstellen. Strafrechtliche Sanktionen drohen bei einer falschen Einkommensdeklaration nur selten.
Alle am Scheidungsprozess beteiligten Personen müssen nach Treu und Glauben handeln und wahrheitsgemäss aussagen. Das Zivilgericht würdigt die Beweise frei, es muss also etwa einer allzu abenteuerlichen Einkommensdeklaration nicht Glauben schenken. Falsche Aussagen zum Einkommen haben aber im Scheidungsprozess nur ausnahmsweise disziplinarische oder gar strafrechtliche Folgen. Eine Ausnahme besteht insbesondere dann, wenn eine Partei Urkunden fälscht.
Wahrheitspflicht im Scheidungsprozess
Die Parteien müssen im Scheidungsprozess mitwirken und die Wahrheit sagen. Die Belege über das Einkommen müssen korrekt und vollständig sein. Unselbstständig Erwerbstätige müssen ihre Lohnausweise vorlegen, selbstständig Erwerbstätige ihre Geschäftsbücher.
Verschleiern von Einkommen hat nicht zwingend Folgen
Trotz Mitwirkungspflicht drohen einer Partei jedoch oft keine Konsequenzen, wenn sie nicht mitwirkt, also beispielsweise bestimmte Einkommensteile nicht offen legt. Der Ball liegt dann faktisch bei der Gegenpartei. Diese muss versuchen, beim Gericht so starke Zweifel an der Einkommensdeklaration zu wecken, dass es entweder Unterlagen nachfordert oder gleich ganz auf die Aussagen der Gegenpartei abstellt und den Unterhaltsbetrag entsprechend anpasst.
Hat das Gericht keinen Grund, an der Einkommensdeklaration zu zweifeln, kann die Gegenpartei nach Abschluss des Verfahrens in aller Regel nichts mehr machen. Dies muss ein Unterhaltspflichtiger feststellen, der Anzeige gegen seine frühere Ehefrau einreicht, weil sie damals im Scheidungsverfahren ihr Einkommen nicht korrekt deklariert habe. Das Bundesgericht hält fest, dass das entsprechende Arbeitsverhältnis sowohl den Parteien wie auch dem Gericht bekannt war und die damalige Ehefrau immer mit einer Überprüfung rechnen musste: «Dass sie dieses Einkommen im Scheidungsverfahren verschwiegen haben soll und keinen Lohnausweis einreichte, kann daher nicht als arglistig qualifiziert werden», so das Bundesgericht, welches damit einen Prozessbetrug verneinte.
Lügen im Scheidungsverfahren wird selten teuer
Wer im Scheidungsverfahren als Partei lügt, muss in der Praxis kaum mit direkten strafrechtlichen Folgen rechnen. Nur wenn das Gericht ausnahmsweise Parteibefragungen oder Beweisaussagen durchführt, drohen bei Lügen strafrechtliche Folgen; entweder eine Ordnungsbusse bis zu 5 000 CHF oder gar eine Freiheits- oder Geldstrafe.
Allzu abenteuerlich sollten die Aussagen dennoch nicht sein, wie ein selbstständig erwerbstätiger Unterhaltspflichtiger feststellen musste: Dieser reduziert sein Einkommen, indem seine AG von einer GmbH überteuerte Leistungen bezieht. Die GmbH gehört formell seinem Bruder und dessen Sohn. Tatsächlich ist aber der Unterhaltspflichtige selbst faktischer Eigentümer der GmbH, die überteuerten Leistungen fliessen also wieder an ihn zurück. Das Zivilgericht durchschaut das Konstrukt, das Strafgericht spricht ihn in der Folge der mehrfachen Urkundenfälschung und des mehrfachen versuchten Betrugs schuldig.