Gesundheit

Zahlt die Versicherung, wenn ich beim Klettern verunfalle?

Je nach Umständen gilt Klettern als Wagnis, was zu Kürzungen der Leistungen der Arbeitgeberin und der Unfallversicherung führen kann.

Die obligatorische Unfallversicherung kann das Taggeld und die Hinterlassenenrenten kürzen, wenn die versicherte Person ein Wagnis eingegangen ist und deswegen verunfallt ist. Auch die Arbeitgeberin kann in diesem Fall ihre Leistungen für die ersten beiden Fehltage kürzen.

Wagnisse sind «Handlungen, mit denen sich der Versicherte einer besonders grossen Gefahr aussetzt, ohne die Vorkehren zu treffen oder treffen zu können, die das Risiko auf ein vernünftiges Mass beschränken». Klettern gilt gemäss den Empfehlungen der Ad-hoc-Kommission Schaden UVG als relatives Wagnis. Hier droht eine Kürzung des Taggeldes, wenn der Kletterer die «üblichen Regeln oder Vorsichtsgebote in schwerwiegender Weise missachtet» hat. (Siehe auch: «Motorradunfall ohne Schutzkleidung: Darf der Chef den Lohn kürzen?»)

Leistungskürzung bei Kletterunfall selten

Wer als erwachsene und urteilsfähige Person klettert, muss seine Fähigkeiten, seine Ausrüstung und die Kletterumgebung richtig einschätzen können und entsprechend die vorhersehbaren Gefahren vernünftig eingrenzen.

In einem älteren Entscheid hat das Bundesgericht die Messlatte für Leistungskürzungen hoch angelegt. Ein Eiskletterer verunfallt tödlich, als er ohne weitere Sicherung 15 Meter über den Sicherungshaken hinausgeklettert ist. Das Bundesgericht lehnt eine Kürzung der Hinterlassenenrenten ab. Denn der Eiskletterer wollte seine Kletterpartner sichern, nachdem einer sich verstiegen hat: Es «gehört zu den vorhersehbaren Risiken einer derartigen Kletterpartie, dass sich ein Seilgefährte versteigt».

Umgekehrt stützte das Bundesgericht die Leistungskürzung bei einem etwas anders gelagerten Kletterunfall. Eine Frau klettert in Hausschuhen die Hausfassade hoch, weil sie sich ausgeschlossen hat und sie befürchtet, der laufende Backofen könnte einen Brand verursachen. Das Bundesgericht stützte den Entscheid der Unfallversicherung, die Taggelder um 50% zu kürzen: Wer an einer Hausfassade eine Höhendifferenz von etwa 5 Metern überwinde und dabei noch Pantoffeln ohne Fersenteil trage, könne die Gefahr nicht auf ein vernünftiges Mass reduzieren und gehe damit ein Wagnis ein.