Gesundheit
7 Antworten zu den neuen Regelungen der Gentests
Parlament und Bundesrat haben die revidierte Gesetzgebung zu den genetischen Untersuchungen beim Menschen auf den 1. Dezember 2022 in Kraft gesetzt. Das Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG) und die Verordnung über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMV) regeln die Abklärungen von Eigenschaften des menschlichen Erbguts.
1. Warum haben Parlament und Bundesrat die Gentests neu geregelt?
Die Entschlüsselung des Erbguts ist heute durch den grossen technologischen Fortschritt einfacher möglich. Auch kommerzielle Anbieterinnen können Gentests zu einem kostengünstigen Preis durchführen.
Die Gesetzgebung hinkte dieser Entwicklung nach und beantwortete wichtige datenschutz- und persönlichkeitsrechtliche Fragen nicht. Mit der Revision des GUMG sowie der Ausführungsgesetzgebung haben Parlament und Bundesrat diese Lücken nun geschlossen.
2. Welche Gentests regelt das neue Gesetz?
Die neue Gesetzgebung über die Gentests umfasst zum einen wie bis anhin Untersuchungen mit dem Ziel, genetische Ursachen von Krankheiten wie beispielsweise Trisomie 21 oder Zystische Fibrose zu bestimmen. Neu regelt das Gesetz zudem ausdrücklich auch genetische Analysen zur Optimierung der Ernährung oder zur Erforschung der eigenen Herkunft.
Zum anderen deckt die Gesetzgebung neu auch genetische Untersuchungen von nicht-erblichen Eigenschaften ab. Davon erfasst sind beispielsweise Analysen zur Optimierung einer Krebstherapie.
3. Sind Life-Style-Gentests noch erlaubt?
Ja. Neu regelt das GUMG kommerzielle Gentests ausdrücklich, während das bisherige GUMG hier unklar war.
Für diese Gentests ausserhalb des medizinischen Bereichs gelten neben den allgemeinen Aufklärungspflichten zusätzliche Vorgaben. Die Anbieterin des Gentests muss die betroffene Person schriftlich aufklären und ihr die für Rückfragen fachlicher oder datenschutzrechtlicher Art notwendigen Kontaktdaten angeben. Wirbt die Anbieterin für Gentests ausserhalb des medizinischen Bereichs, darf sie in der Publikumswerbung namentlich keine irreführenden Angaben machen. Die Anbieterin darf der betroffenen Person keine so genannten Überschussinformationen mitteilen. Bei der Überschussinformation handelt es sich um das «Ergebnis einer genetischen Untersuchung, das für deren Zweck nicht benötigt wird».
Noch stärker reguliert sind Gentests zur Abklärung besonders schützenswerter Eigenschaften wie etwa der Intelligenz oder der ethnischen Herkunft. Nur spezialisierte Gesundheitsfachpersonen dürfen diese veranlassen, zudem muss die betroffene Person bei der Probeentnahme anwesend sein.
4. Darf ich im Internet einen heimlichen Vaterschaftstest bestellen?
Nein. Für die Durchführung eines Vaterschaftstests ist nach wie vor die Zustimmung der betroffenen Personen notwendig. Dies mit einer Ausnahme: Ist das Kind noch nicht geboren, kommt der Mutter alleine die Entscheidung über die Durchführung der pränatalen Vaterschaftsabklärung zu.
Ist das Kind urteilsunfähig und sind beide Elternteile Inhaber der elterlichen Sorge, müssen grundsätzlich auch beide dem Vaterschaftstest zustimmen. Ist beispielsweise die Mutter mit dem Vaterschaftstest nicht einverstanden, kann der rechtliche Vater die Kindesschutzbehörde (KESB) beiziehen. Erweist sich dies als notwendig, ernennt die KESB einen Beistand. Dieser kann, sollte dies dem Kindeswohl dienen, für das Kind in die Abklärung einwilligen.
Ist das Kind urteilsfähig, muss es selbst dem Vaterschaftstest zustimmen. Stimmt der Vater nicht zu, kann das Kind klagen und die Vaterschaftsabklärung so durchsetzen, da es einen verfassungsmässigen Anspruch auf die Kenntnis seiner Abstammung hat. Soll der Vaterschaftstest Aufschluss über die Abstammung einer erwachsenen urteilsunfähigen Person geben, richtet sich das Vertretungsrecht nach dem Zivilgesetzbuch.
Wer ohne die erforderliche Zustimmung einen Vaterschaftstest veranlasst, in Auftrag gibt oder durchführt, macht sich eines Vergehens strafbar und riskiert eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
5. Sind sämtliche möglichen pränatalen Untersuchungen zulässig?
Nein. Pränatale Untersuchungen sind grundsätzlich nur zulässig, wenn sie der Abklärung von Eigenschaften dienen, welche die Gesundheit des Embryos oder des Fötus oder der Mutter unmittelbar beeinträchtigen. Zulässig ist zudem die Untersuchung, ob sich das Nabelschnurblut des ungeborenen Kindes aufgrund seiner Gewebemerkmale zur Übertragung auf einen Elternteil oder ein Geschwister eignet. Wer andere pränatale Untersuchungen veranlasst oder in Auftrag gibt, macht sich eines Vergehens strafbar und riskiert eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
Sowohl das Resultat der Untersuchung des Nabelschnurbluts wie auch das Geschlecht des ungeborenen Kindes dürfen der schwangeren Frau erst nach der 12. Schwangerschaftswoche mitgeteilt werden. Wer die Frau vorsätzlich gleichwohl früher informiert, macht sich einer Übertretung strafbar und riskiert eine Busse. Besteht die Gefahr, dass die Frau die Schwangerschaft aufgrund der Ergebnisse abbricht, darf sie über diese Ergebnisse auch nach der 12. Schwangerschaftswoche nicht informiert werden.
Vor einer pränatalen Untersuchung muss die schwangere Frau zudem hinreichend aufgeklärt werden und der Untersuchung aus freiem Willen und ausdrücklich zustimmen.
Siehe auch: «Leistungen der Krankenkasse bei Schwangerschaft»
6. Darf eine Versicherung eine genetische Untersuchung von mir verlangen?
Eine Versicherung darf den Abschluss eines Versicherungsverhältnisses nicht von der Durchführung präsymptomatischer oder pränataler genetischer Untersuchungen oder Untersuchungen zur Familienplanung abhängig machen. Wer diese Regeln nicht einhält macht sich eines Vergehens strafbar und riskiert eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
Ob eine Versicherung die Durchführung genetischer Untersuchungen bei einer bereits symptomatischen Person (diagnostische genetische Untersuchungen) verlangen darf, ist in der jeweiligen Sozial- und Privatversicherungsgesetzgebung geregelt.
In Haftpflichtfällen darf die Versicherung eine diagnostische genetische Untersuchung durchführen, sofern die betroffene Person schriftlich zugestimmt hat.
7. Muss ich eine Versicherung über Daten eines Gentests informieren?
Nicht nach Daten aus früheren pränatalen genetischen Untersuchungen oder Untersuchungen zur Familienplanung fragen oder auswerten dürfen sämtliche Versicherungsträger, unabhängig davon, ob es sich um Sozial- und Privatversicherungen handelt.
Nicht nach Daten aus früheren präsymptomatischen Untersuchungen fragen oder auswerten dürfen
- Sozialversicherungen
- Versicherungen der beruflichen Vorsorge im obligatorischen und überobligatorischen Bereich
- Krankentaggeldversicherungen
- die Erwerbsersatzordnung
- Lebensversicherungen mit einer Versicherungssumme von höchstens 400 000 CHF sowie freiwillige Invaliditätsversicherungen mit einer Jahresrente von höchstens 400 000 CHF
- Beteiligte in Haftpflichtfällen, insbesondere zum Zweck der Schadensberechnung oder der Schadenersatzbemessung.
Nach Daten aus früheren diagnostischen Untersuchungen fragen oder auswerten dürfen Versicherungen im Rahmen von Haftpflichtfällen, sofern die schriftliche Zustimmung der betroffenen Person vorliegt.
Wer diese Regeln nicht einhält macht sich eines Vergehens strafbar und riskiert eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.