Unterwegs

7 Antworten zum Polizeiabkommen mit Deutschland

Deutschland und die Schweiz haben den «Schweizerisch-deutschen Polizeivertrag» von 2002 revidiert und auf den 1. Mai 2024 in Kraft gesetzt.

1. Darf die deutsche Polizei Bussgeldbescheide direkt an die Halterin schicken?

Ja. Falls die deutsche Polizei über die Anschrift der Halterin verfügt, kann sie sowohl den Anhörungsbogen wie auch den Bussgeldbescheid direkt per Post an die Halterin zustellen. Im alten Polizeiabkommen galt dies nicht generell. Die Behörden durften nur jene Dokumente direkt zustellen, welche sich auf der Liste der behördlichen Schriftstücke befanden.

Unabhängig von der staatsvertraglichen Regelung direkt zustellen dürfen die deutschen Behörden zudem nach wie vor Ordnungsbussen beziehungsweise «Schriftstücke in Strafsachen wegen Übertretung von Strassenverkehrsvorschriften».

2. Dürfen die Schweizer Behörden der deutschen Polizei die Adresse einer Halterin oder eines Lenkers herausgeben?

Wie bis anhin verankert der Polizeivertrag den Datenaustausch, womit die Behörden die Daten einer Halterin gegenseitig austauschen dürfen. Der Datenaustausch kann automatisiert erfolgen. Die ersuchende Polizeibehörde erhält insbesondere Namen, Vornamen und Anschrift der gesuchten Halterin. Die Behörden dürfen diese Daten nur nutzen, um es der Halterin zu ermöglichen, die Busse zu bezahlen.

Konnte die Polizei die Identität des Fahrzeuglenkers nicht ermitteln, ersucht sie die zuständigen Behörden des Vertragsstaates um die Ermittlung der Identität des Fahrzeuglenkers. Die Polizeibehörde darf die Daten nur nutzen, um die fahrzeuglenkende Person zu ermitteln.

3. Darf das Schweizer Betreibungsamt deutsche Bussen einziehen?

Ja, das neue Polizeiabkommen ermöglicht die Vollstreckung der Verkehrsbussen des jeweils anderen Vertragsstaates. Das Betreibungsamt kann deutsche Verkehrsbussen direkt vollstrecken, sofern die Geldforderung über 70 Euro beträgt. Weitere Voraussetzungen sind, dass die deutsche Polizeibehörde oder das deutsche Gericht der betroffenen Person das rechtliche Gehör gewährt hat, diese ein Rechtsmittel hat einlegen können sowie dass die Forderung nicht verjährt ist.

Die Kantone beziehungsweise die kantonalen Polizeibehörden sind zuständig für die Kooperation mit den ausländischen Behörden, wobei diese von dem Bundesamt für Polizei (fedpol), dem Bundesamt für Justiz (BJ) und dem Bundesamt für Strassen (ASTRA) unterstützt werden.

4. Wie wird die Höhe der Geldforderung berechnet?

Die Behörden der Vertragsstaaten leisten sich gegenseitig nur dann Vollstreckungshilfe, wenn die Geldforderung höher als 70 Euro oder höher als 80 Franken ist. Darin eingeschlossen ist nicht nur die eigentliche Verkehrsbusse, sondern auch die Verfahrenskosten.

5. Vollstreckt die Schweiz auch Geldbussen im Zusammenhang mit einer Freiheitsstrafe?

Nein. Ist die Verkehrsbusse eine Nebenstrafe und geht es bei der Hauptstrafe um eine Freiheitsstrafe, leistet die Schweiz keine Vollstreckungshilfe beim Eintreiben der Geldbusse. Dasselbe gilt, wenn die Verkehrsbusse mit einer anderen Straftat untrennbar verknüpft ist.

6. Ist das Abkommen auch auf Verkehrsbussen geringer Höhe anwendbar?

Ja, aber einzelne Regelungen gelten nur für Bussen ab einer bestimmten Höhe:

  • bei einer Geldforderung unter 60 Euro leistet die Schweiz keine Unterstützung bei der Ermittlung des Fahrzeuglenkers;
  • bei einer Verkehrsbusse unter 70 Euro leistet die Schweiz keine Vollstreckungshilfe, Deutschland kann den Bussgeldbescheid aber gleichwohl direkt zustellen und spätestens beim Grenzübertritt nach Deutschland auch vollstrecken. Eine Verkehrsbusse unter 35 Euro kann der fehlbare Lenker in der Regel auch direkt vor Ort bezahlen.

7. Welcher Staat erhält das Bussgeld?

Das Land, welches die Verkehrsbusse eintreibt, behält den Erlös aus der Vollstreckung der Geldforderung. Umgekehrt stellt es dem ersuchenden Staat die Kosten für die Massnahme nicht in Rechnung.