Unterwegs

Bleibt Rechtsüberholen strafbar?

Rechtsüberholen auf der Autobahn ist nach wie vor strafbar. Gefährdet der Autofahrer aber niemanden, ist das Rechtsüberholen ausnahmsweise eine blosse Ordnungswidrigkeit und führt nicht zwingend zu einem Ausweisentzug. Das Bundesgericht hat mit Entscheid vom 3. November 2022 seine Rechtsprechung geändert.

Die zuständige Behörde entzieht den Fahrausweis bei Widerhandlungen, bei denen das Verfahren nach dem Ordnungsbussengesetz ausgeschlossen ist. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn ein Autofahrer einen anderen Menschen konkret oder abstrakt gefährdet. Das Rechtsüberholen auf Autobahnen ist untersagt und mit einer Ordnungsbusse von CHF 250 sanktioniert.

(Siehe auch: «7 Antworten zum neuen Ordnungsbussengesetz»

Fahrer überholt auf Autobahn rechts

Ein Autofahrer fährt auf dem Überholstreifen, wechselt auf den Normalstreifen, beschleunigt, überholt ein anderes Auto und spurt dann wieder auf den Überholstreifen ein. Das Strassenverkehrsamt entzieht ihm den Führerausweis wegen schwerer Verkehrsregelverletzung für 12 Monate. Der Autofahrer rekurriert erfolglos bei der Rekurskommission gegen den Entzug. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde hingegen gut und hebt den Führerausweisentzug auf.

Unter altem Recht ist Rechtsüberholen immer eine grobe Verkehrsregelnverletzung

Gemäss der bisherigen Rechtsprechung musste sich ein Autofahrer jederzeit darauf verlassen können, dass er auf der Autobahn nicht plötzlich rechts überholt wird. Bis anhin qualifizierte das Bundesgericht deswegen das eigentliche Rechtsüberholen immer als schwere Widerhandlung, womit ein Ordnungsbussenverfahren ausgeschlossen und ein Führerausweisentzug zwingend war.

Neu kann Rechtsüberholen blosse Ordnungswidrigkeit sein

Das Bundesgericht stellt fest, dass das Rechtsüberholen neu nicht mehr zwingend eine grobe Verkehrsregelverletzung sein könne, da der Bundesrat das Rechtsüberholen als neuen Tatbestand in die Ordnungsbussenverordnung aufgenommen habe.

Im vorliegenden Fall waren die Strassen- und Sichtverhältnisse gut, der überholte Fahrzeuglenker musste sein Verhalten nicht ändern, der Autofahrer überholte nur ein und nicht mehrere andere Fahrzeuge und er tat dies nicht an einer gefährlichen Stelle wie etwa bei einer Ausfahrt. Damit liegt gemäss Bundesgericht ausnahmsweise eine Ordnungswidrigkeit vor, wobei diese «mit Blick auf die mit Rechtsüberholmanövern auf der Autobahn verbundenen Risiken» eng auszulegen und zurückhaltend anzuwenden sei.

Das Bundesgericht hebt den Führerausweisentzug auf und verpflichtet den Kanton zur Übernahme der Parteientschädigung in der Höhe von 3 000 CHF.