Behörden

Darf die Polizei Überwachungskameras in Geschäftsräumen installieren?

Nein, sofern sie die Überwachungskameras nicht auf Anordnung der Staatsanwaltschaft und nach gerichtlicher Genehmigung eingerichtet hat. Denn eine Videoüberwachung greift in die Grundrechte der Betroffenen ein und ist eine genehmigungspflichtige Zwangsmassnahme. Dies hat das Bundesgericht am 20. Dezember 2018 entschieden.

Eine Videoaufnahme greift in die Privatsphäre der aufgenommenen Person ein. Bei einer behördlich durchgeführten Videoüberwachung handelt es sich strafprozessrechtlich um eine Zwangsmassnahme, welche ein Zwangsmassnahmengericht vorgängig genehmigen muss. Ist dies nicht geschehen, ist das Beweismittel vor Gericht nicht verwertbar. Abzugrenzen ist dies von einer privaten Videoüberwachung durch die Arbeitgeberin, die unter weniger strikten Voraussetzungen erlaubt ist.

Fehlbetrag in Betriebskasse

Ein Geschäftsführer bemerkt, dass wiederholt Geld aus der Betriebskasse seiner GmbH fehlt. Er stellt Strafantrag gegen unbekannt. Die Polizei installiert mit der Einwilligung des Geschäftsführers Überwachungskameras, letzterer informiert aber seine Angestellten nicht über die Kameras. Die Polizei wertet die Aufnahmen aus, die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen eine Angestellte der GmbH. Während das Amtsgericht sie freispricht, verurteilt sie das Obergericht. Das Bundesgericht wiederum heisst die Beschwerde der Angestellten gut und spricht sie frei.

Zwangsmassnahmengericht muss Polizeiliche Videoaufnahme genehmigen

Erstellt die Polizei Videoaufnahmen, greift sie in die Privatsphäre und damit in ein verfassungsrechtlich geschütztes Grundrecht ein.

Eine polizeiliche Videoaufnahme ist eine Zwangsmassnahme. Weil es sich bei Videoaufnahmen um technische Überwachungsgeräte handelt, darf die Polizei diese nur auf Anordnung der Staatsanwaltschaft und nach Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht durchführen. Die Einwilligung des Geschäftsführers ändert an diesen Vorschriften nichts, insbesondere auch, weil seine Angestellte in die Videoüberwachung nicht eingewilligt hat. Die im konkreten Fall vorliegende Videoaufnahme ist deswegen nicht verwertbar. (Siehe auch: «Gilt eine Aufnahme von einer Dashcam als Beweis?»)

Anders einzuordnen wäre übrigens eine private Videoüberwachung durch die Arbeitgeberin. Diese ist gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts auch ohne Kenntnis der Arbeitnehmer erlaubt, wenn die Arbeitgeberin damit beispielsweise die Kasse überwachen will. In keinem Fall erlaubt sind Videoaufnahmen ohne Einwilligung des Arbeitnehmers, wenn diese der Überwachung des Arbeitnehmers selbst beziehungsweise von dessen Verhalten dienen. (Siehe auch: «Darf ich während der Arbeitszeit im Internet privat etwas kaufen?»)

Das Bundesgericht weist die Sache an das Obergericht zurück. Dieses muss nun den Diebstahl ohne Einbezug der Videoaufnahmen neu beurteilen. Die GmbH muss die Gerichtskosten von 1 500 CHF sowie die Hälfte der Parteientschädigung im Umfang von ebenfalls 1 500 CHF übernehmen. Der Kanton muss die andere Hälfte der Parteientschädigung übernehmen.

Aktualisiert am 16. Juni 2022