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Darf ein Polizist via Diensthandy an sexistischen Chats teilnehmen?
Ein Beamter muss sich so verhalten, dass die Bevölkerung Vertrauen in die Verwaltung hat. Sexistische und öffentliche Äusserungen sind so grundsätzlich unzulässig, rechtfertigen aber nicht automatisch eine fristlose Entlassung. Dies hat das Bundesgericht mit Urteil vom 9. Juli 2020 entschieden.
Ist es der Arbeitgeberin oder dem Arbeitnehmer nicht mehr zumutbar, weiter zusammen zu arbeiten, ist eine fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses möglich. Zwar müssen sich Staatsangestellte korrekt verhalten, damit die Bevölkerung Vertrauen in die Behörden hat. Sexistische Äusserungen sind deswegen grundsätzlich nicht erlaubt. Damit eine fristlose Entlassung gerechtfertigt ist, müssen aber zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sein.
Polizist nach sexistischen Äusserungen fristlos entlassen
Ein langjähriger Polizist und Ausbildner äussert sich in einem Gruppenchat mit Polizeiaspiranten und –aspirantinnen rassistisch und sexistisch, teilweise auf eine Polizeiaspirantin bezogen. In einem Fall meldet er einen Übergriff eines Polizeischülers auf eine andere Aspirantin dem Kommandanten, ohne dass diese Meldung Folgen gehabt hätte, greift aber im Übrigen nicht ein. (Siehe auch: «Darf ich auf Facebook Politikerinnen beschimpfen?»)
Als ein Jahr später eine neue Kommandantin eingesetzt wird, erfährt diese von den Vorfällen. Auf ihre Meldung hin suspendiert die Stadtregierung den Ausbildner erst wegen des Chats und entlässt ihn dann fristlos. Das Genfer Verwaltungsgericht heisst den Rekurs gegen die fristlose Entlassung gut und verfügt die Wiedereinstellung. Das Bundesgericht stützt diesen Entscheid.
Vertrauen in Polizei wichtig
Gemäss ständiger Rechtsprechung müssen Beamte und insbesondere Polizeipersonen jegliches Verhalten unterlassen, welches das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität der Verwaltung und deren Mitarbeitende untergräbt. Das Bundesgericht kritisiert deswegen, dass der Ausbildner den Chat nicht unterbunden hat.
Hohe Hürden für fristlose Entlassung
Eine fristlose Entlassung ist nur aus wichtigen Gründen rechtmässig. Als «wichtiger Grund» gilt dabei «namentlich jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf». Das Bundesgericht hält fest, dass der Ausbildner die Gruppe nicht selber erstellt und sich sonst nichts zuschulden kommen lassen hat. Der Chat sei so als isoliertes Ereignis zu betrachten. Zudem liege zwischen dem Chat und der fristlosen Entlassung über ein Jahr.
Unter diesen Umständen habe das Verwaltungsgericht willkürfrei entschieden, dass die fristlose Entlassung unverhältnismässig sei und eine mildere Massnahme hätte ergriffen werden können. Das Bundesgericht weist den Rekurs ab und bestätigte die Aufhebung der fristlosen Kündigung. Die Stadt Genf muss die Gerichtskosten in der Höhe von CHF 3 000 übernehmen und dem Polizisten eine Parteientschädigung im Umfang von CHF 2 800 leisten.
Aktualisiert am 31. August 2023