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Darf ich im Fernsehen von «Vetterliwirtschaft» sprechen?
Wer öffentlich von «Vetterliwirtschaft» spricht, begeht nicht automatisch eine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung. Das Bundesgericht hat dies mit Urteil vom 6. Oktober 2022 bestätigt.
Das Zivilgesetzbuch schützt vor einer widerrechtlichen Verletzung der Persönlichkeit. Eine zivilrechtliche Persönlichkeitsverletzung liegt beispielsweise dann vor, wenn jemand in seinem beruflichen Ansehen beeinträchtigt wird. Entscheidend ist dabei nicht die individuelle Betroffenheit, sondern die Wirkung der Aussage auf den Durchschnittszuschauer im Gesamtzusammenhang. Widerrechtlich ist die Persönlichkeitsverletzung, wenn sie nicht, etwa durch ein übergeordnetes öffentliches Interesse, gerechtfertigt ist.
Ehemaliger Trainer kritisiert Verwaltungsrat öffentlich
Ein ehemaliger Fussballtrainer äussert sich im Fernsehen kritisch zu Entscheiden von Verwaltungsräten eines Fussballclubs und hält fest, dass es ohne Veränderungen im Verwaltungsrat bei dieser «Vetterliwirtschaft» bleibe. Ein Verwaltungsrat reicht daraufhin Klage wegen widerrechtlicher Persönlichkeitsverletzung ein. Das Bezirksgericht weist diese ab, wie auch das Kantonsgericht die dagegen erhobene Berufung abweist. Auch das Bundesgericht sieht in den Aussagen keine widerrechtliche Persönlichkeitsverletzung und lehnt die Beschwerde in Zivilsachen ab.
«Vetterliwirtschaft» beinhaltet nicht automatisch einen Korruptionsvorwurf
Die Vorinstanz stellt fest, dass die Äusserungen des Trainers hauptsächlich im Zusammenhang mit der kritischen Auseinandersetzung «mit den Geschehnissen in der obersten Liga des Schweizer Fussballs» gefallen sind. In diesem Gesamtzusammenhang habe der Durchschnittszuschauer den Vorwurf der «Vetterliwirtschaft» auch nicht als Korruptionsvorwurf verstanden, sondern als Kritik an der Vereinsstruktur. Die Aussagen seien zwar unschön, aber «gerade noch» zulässig und damit nicht persönlichkeitsverletzend.
Empfinden des Durchschnittszuschauers entscheidend
Auch einzelne Aussagen können persönlichkeitsverletzend sein, falls nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden muss, dass der Durchschnittszuschauer sie losgelöst von den übrigen Inhalten zur Kenntnis nimmt. Bei einer kurzen Fernsehsendung mit diversen angesprochenen Themen ist dies jedoch nicht der Fall.
Das Bundesgericht stellt fest, dass der ehemalige Trainer den beschwerdeführenden Verwaltungsrat mit seinen Aussagen nicht in dessen beruflichen Ehre verletzt hat. Es weist die Beschwerde ab und auferlegt dem Beschwerdeführer die Gerichtskosten von 4 000 CHF.
(Siehe auch: «Darf ich auf Facebook Politikerinnen beschimpfen?»)