Gesundheit
Habe ich im Studium Anspruch auf eine persönliche Assistenz?
Ein behinderter Student hat keinen Anspruch auf eine persönliche Assistenz, die ihm bei Recherche- und Verwaltungsarbeiten hilft.
Eine Schule ist verpflichtet, eine Benachteiligung einer behinderten Person zu beseitigen. Dabei besteht jedoch kein Anspruch der betroffenen Person auf die Finanzierung einer persönlichen Assistenz zur organisatorischen Unterstützung im Studium, sofern Recherche- und Verwaltungsarbeiten Teil des Studieninhalts sind. Dies hat das Bundesgericht mit Urteil vom 20. September 2024 entschieden. (Siehe auch: «Zahlt die IV den Theaterbesuch für meine persönliche Assistentin?»)
ETH – Student beantragt persönliche Assistenz
Ein 1964 geborener Mann verunfallt 1995 und verfügt danach noch über eine Arbeits- und Studierfähigkeit von rund 20 Prozent. Er schliesst 2018 sein Biologiestudium ab und beginnt 2019 an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) ein Masterstudium in Naturwissenschaften. Der Student stellt den Antrag auf eine persönliche Assistenz für technisch-administrative Arbeiten. Die ETH wie im Anschluss auch die ETH-Beschwerdekommission und das Bundesverwaltungsgericht verneinen den Anspruch auf eine persönliche Assistenz ebenfalls. Daraufhin gelangt der Student am 14. März 2023 mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht.
Staat muss behinderte Menschen in Ausbildung aktiv unterstützen
Der Student begründet seinen Antrag auf persönliche Assistenz damit, dass er behinderungsbedingt keine Kapazitäten für das eigentliche Studium habe, wenn er «Verwaltungsarbeiten» selbst ausführen müsse.
Wie das Bundesgericht ausführt, verpflichtet das verfassungsrechtliche Gebot der Rechtsgleichheit sowie mehrere für die Schweiz geltende Menschenrechtsverträge staatliche Behörden dazu, Benachteiligungen behinderter Menschen aktiv zu beseitigen. Dies gilt auch für den Bildungsbereich. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bestätigt in seiner Rechtsprechung den Anspruch behinderter Menschen auf staatliche Leistungen, um ihr Recht auf Privatleben ausüben zu können. Im Bildungsbereich bedeutet das unter Umständen, dass «ein grundrechtsunmittelbarer Anspruch von behinderten Personen auf staatliche Leistungen im Bildungsbereich bestehen kann». (Siehe auch: «Muss die Grundschule Hilfsmittel wie Notebooks zulassen?»)
Behinderter Student muss selber recherchieren können
Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Nachteilsausgleich nicht zur Anpassung der Lernziele führen: «Die behinderte Person muss die fachlichen Herausforderungen im Studium selbst bewältigen können». Wie die ETH argumentiert, müssen die Absolventen des Masterstudiengangs namentlich selbstständig recherchieren und administrative Fähigkeiten beweisen können. Diese Vorgaben sind im Studienreglement verankert und somit für den Studienerfolg relevant. Ein Anspruch auf die Finanzierung einer persönlichen Assistenz für die Unterstützung bei Recherche- und Verwaltungsaufgaben besteht entsprechend nicht.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab und auferlegt dem Beschwerdeführer die aufgrund des Behindertengleichstellungsgesetz reduzierten Gerichtskosten in der Höhe von 900 CHF.