Familie

Ist der Vorsorgeausgleich bei einer Scheidung zwingend?

Im Scheidungsverfahren teilt das Gericht das Altersguthaben hälftig. Hat der eine Ehepartner den anderen finanziell ausgenutzt, gilt dies aber nicht.

Das Gericht teilt im Scheidungsverfahren das angesparte Altersguthaben im Rahmen des Vorsorgeausgleichs hälftig. Erscheint der Vorsorgeausgleich aber im konkreten Fall als unbillig, weil der Ehepartner das Vermögen seiner Ehefrau ohne deren Wissen aufgebraucht hat, kann das Gericht die Teilung ablehnen. Dies hat das Bundesgericht mit Entscheid vom 12. Februar 2021 bestätigt.

Ehemann verprasst Erbvorbezug der Ehefrau heimlich

Die Eheleute B. und A. sind während 21 Jahren verheiratet. Der Ehemann ist während der Ehe nicht erwerbstätig und beteiligt sich auch nicht im Haushalt. Ohne das Wissen seiner Frau gibt der Mann einen bedeutenden Teil des Erbvorbezugs seiner Frau aus. Er kann nicht nachweisen, dass er das Geld für die Familie verwendet hat. Zudem führt er «eine erhebliche Verschuldung der Familie herbei».

Auf Klage der Ehefrau scheidet das Bezirksgericht die Ehe und verweigert unter anderem die Teilung der beruflichen Vorsorge. Das Obergericht weist die Berufung des Ehemannes ab, worauf dieser mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht gelangt.

Gericht streicht Vorsorgeausgleich bei grob stossendem Verhalten

Bei einer Scheidung teilt das Gericht die in der beruflichen Vorsorge erworbenen Austrittsleistungen grundsätzlich hälftig. Das Gericht kann von dieser Regel abweichen, wenn das Resultat unbillig wäre. Dabei geht es nicht nur darum, ob das Ergebnis wirtschaftlich gesehen unbillig wäre. Vielmehr kann das Gericht nach neuerer bundesgerichtlicher Rechtsprechung den Vorsorgeausgleich auch anpassen oder ganz ablehnen, wenn sich ein Partner während der Ehe grob stossend verhalten hat. Dabei ist es möglich, dass dieser Partner seine finanzielle Absicherung verliert. (Siehe auch: «Welchem Altersguthaben schreibt die Pensionskasse den Vorsorgeausgleich gut?»)

Im konkreten Fall argumentiert der Ehemann, dass die Ehefrau selbst verantwortlich für ihre Situation sei: Sie seien 21 Jahre verheiratet gewesen und sie hätte aufgrund ihrer beruflichen Stellung die Finanzlage der Familie erkennen müssen. Das Bundesgericht verwirft dieses Argument, da der Ehemann die Ehefrau «bewusst und systematisch von den finanziellen Angelegenheiten der Familie ausgeschlossen» habe. Es verpflichtet den Ehemann zu einer güterrechtlichen Ausgleichszahlung von rund 100 000 CHF und verneint seinen Anspruch auf den Vorsorgeausgleich, auch wenn der Ehemann damit seine finanzielle Absicherung verliert.

Das Bundesgericht lehnt die Beschwerde ab. Es verpflichtet den Beschwerdeführer zur Übernahme der Gerichtskosten im Umfang von 2 000 CHF und lehnt dessen Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab.

Aktualisiert am 14. November 2024