Gesundheit
Müssen Erben unrechtmässig bezogene Ergänzungsleistungen zurückzahlen?
Erben müssen betrügerisch bezogene EL nicht nur zurückzahlen, sondern auf sie ist auch die längere strafrechtliche Verjährungsfrist anwendbar.
Unrechtmässig bezogene Sozialversicherungsleistungen sind auch von Erben zurückzuerstatten. Hat der Erblasser mit dem unrechtmässigen Bezug einen Betrug begangen, verjährt dieser auch gegenüber den Erben erst mit Ablauf der strafrechtlichen Verjährungsfrist, wie das Bundesgericht mit Entscheid vom 2. Juli 2021 bestätigt hat. Denn die Rückerstattung ist keine strafrechtliche Sanktion, sondern mit ihr stellt der Staat den rechtmässigen Zustand wieder her.
Vermögender Erblasser bezog EL
Der Erblasser bezog Ergänzungsleistungen (EL) in der Höhe von gut 140 000 CHF, obwohl er über ein Vermögen von mehr als einer Million Franken verfügte. Die Strafverfolgungsbehörden haben gegen den Erblasser zu dessen Lebzeiten kein strafrechtliches Verfahren eröffnet. Nach dessen Tod fordert die Sozialversicherungsanstalt die EL zurück. Die Erben erheben gegen diesen Entscheid Einsprache beim kantonalen Sozialversicherungsgericht. Dieses prüft, «ob sich die Rückforderung aus einer strafbaren Handlung herleitet und der Täter dafür strafbar wäre» und bejaht den Betrug. Betrug ist ein strafrechtliches Delikt, welches nach 15 Jahren verjährt. Das kantonale Sozialversicherungsgericht weist die Einsprache ab, worauf die Erben Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erheben.
Erben müssen unrechtmässig bezogene EL zurückerstatten
Wer unrechtmässig Leistungen einer Sozialversicherung bezieht, muss diese grundsätzlich zurückerstatten. Nur im Härtefall kann die Sozialversicherung von einer Rückerstattung absehen.
Rückerstattungspflichtig ist dabei nicht nur die Person, welche die Leistungen unrechtmässig bezogen hat, sondern auch deren Erben. (Siehe auch: «7 Antworten zum neuen Ergänzungsleistungsgesetz»)
Längere strafrechtliche Verjährungsfrist gilt auch für Erben
Die Verjährungsfrist, also wie lange das Gemeinwesen seinen Rückforderungsanspruch durchsetzen kann, ist nicht immer gleich lang. Hat die Person, welche unrechtmässig Leistungen bezogen hat, eine strafbare Handlung begangen, gilt die längere strafrechtliche Verjährungsfrist.
Die Erben argumentieren, die längere strafrechtliche Verjährungsfrist richte sich nur gegen den Erblasser, nicht aber gegen sie selbst. Für sie gelte die kürzere und bereits abgelaufene Verjährungsfrist von 5 Jahren.
Das Bundesgericht hingegen verweist auf das «Prinzip der erbrechtlichen Universalsukzession». Dabei «gehen die Vermögenswerte und Ansprüche ohne Weiteres auf die Erben über und die Schulden des Erblassers werden mit dessen Tod zu persönlichen Schulden der Erben». Im vorliegenden Fall ist die strafrechtliche Verjährungsfrist nicht untrennbar mit der Person des Erblassers verbunden. Zweck der Bestimmung ist nicht die Bestrafung einer Person, wie es beispielsweise bei einer Steuerbusse der Fall ist. Vielmehr geht es hier um die Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung, indem die Sozialversicherung die unrechtmässig bezogenen Leistungen wieder zurückerhält.
Die Erben müssen die unrechtmässig bezogenen Ergänzungsleistungen zurückerstatten sowie Gerichtskosten im Umfang von 1000 CHF bezahlen.
Aktualisiert am 13. Juni 2024