Behörden

Muss die Behörde eine Kindesschutzmassnahme umsetzen?

Die Behörde ist verpflichtet, eine von der KESB angeordnete Kindesschutzmassnahme raschestmöglich umzusetzen. Weigern sich die Eltern, dafür zu zahlen, muss sie die Kosten vorschiessen. Dies hat das Bundesgericht mit Urteil vom 19. Juni 2018 entschieden.

Kinder haben einen verfassungsmässigen «Anspruch auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung». Ordnet die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) eine Kindesschutzmassnahme an, müssen die Behörden sie raschestmöglich umsetzen. Sie dürfen dies nicht durch einen allfälligen Konflikt über die Zuständigkeit der Kostenübernahme verzögern. Die zuständige Sozialbehörde muss zunächst die Kosten einer bundesrechtlich konform erlassenen Kindesschutzmassnahme übernehmen. Erst in einem zweiten Schritt darf die Behörde prüfen, ob sie die Kosten Dritten oder den Eltern überwälzen kann.

KESB ordnet Hortbetreuung an

Die KESB erhält eine Gefährdungsmeldung der Schule und ordnet über die beiden betroffenen Kinder eine vorsorgliche Beistandschaft an. Sie beauftragt den Beistand insbesondere, deren Hortbetreuung zu organisieren und für ihre Finanzierung zu sorgen. Die KESB ersucht zudem die Sozialbehörde, die Kosten subsidiär zu übernehmen. Diese weist den Antrag ab, da nicht erwiesen sei, dass die Eltern den Hortbetrag nicht übernehmen könnten oder wollten. Die Eltern kündigen daraufhin den Hortplatz. Nachdem die neue Beiständin vor Bundesgericht recht bekommen hat mit ihrem Argument, dass die Kinder zur Beschwerde gegen diesen Entscheid legitimiert seien, weist der zuständige Bezirksrat das Gesuch um Kostengutsprache ab. Das Verwaltungsgericht heisst das Gesuch teilweise gut. Die Beiständin erhebt im Namen der beiden Kinder erfolgreich Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten am Bundesgericht.

Kanton darf Kindesschutzmassnahmen nicht verunmöglichen

Die rechtsanwendenden Behörden sind gemäss Bundesgericht verpflichtet, den «besonderen Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen Rechnung zu tragen». Können die Eltern keine Verantwortung für ihr Kind übernehmen, springt die KESB ein. Eine Kindesschutzmassnahme ist keine Sanktion, «sondern hat zum Ziel, trotz Gefährdungslage das Kindeswohl zu bewahren oder wiederherzustellen». Ergreift die KESB eine Kindesschutzmassnahme, ist diese auch für die Sozialbehörde verbindlich. Kantonale Vorschriften dürfen die rasche Umsetzung einer Kindesschutzmassnahme nicht verhindern. Die Sozialbehörde hätte deswegen die Hortkosten vorläufig übernehmen und in einem zweiten Schritt prüfen müssen, ob die Eltern oder Dritte die Kosten zurückerstatten müssen. (Siehe auch: «Muss auch die Mutter zum finanziellen Unterhalt beitragen?»)

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und verpflichtet die Sozialbehörde, die Gerichtskosten in der Höhe von CHF 500 zu übernehmen. Sie muss zudem die Rechtsvertreterin der Kinder mit CHF 2 800 entschädigen.

Aktualisiert am 28. September 2023