Wohnen
Muss die Stockwerkeigentümergemeinschaft das Reglement durchsetzen?

Die Stockwerkeigentümerversammlung darf aus sachlichen Gründen darauf verzichten, das Reglement klageweise durchzusetzen.
Das Stockwerkeigentum ist «der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen». Nur die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümerinnen hat die Kompetenz, ein Mitglied zu verpflichten, das Reglement einzuhalten. Sie darf dabei frei entscheiden, ob sie das Reglement klageweise durchsetzen will oder nicht, wie das Bundesgericht im Urteil vom 3. Februar 2025 schreibt.
Stockwerkeigentümerin will, dass Verwaltung klagt
Eine Stockwerkeigentümerin ersetzt die Bodenbeläge in ihrer Stockwerkeinheit. Die Eigentümerin der darunterliegenden Stockwerkeinheit sieht darin einen Verstoss gegen das Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft und beantragt an der ordentlichen Stockwerkeigentümerversammlung, die Verwaltung solle den Rückbau verlangen und ihn nötigenfalls gerichtlich durchsetzen. Die Versammlung lehnt den Antrag ab.
Die unterlegene Eigentümerin ficht diesen Beschluss erfolglos beim zuständigen Kreisgericht an. Die dagegen erhobene Berufung weist das Kantonsgericht ab. Daraufhin gelangen die beiden Eigentümerinnen mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht.
Keine Stockwerkeigentümerin kann direkt auf Einhaltung des Reglements klagen
Eine Stockwerkeigentümerin ist Miteigentümerin, aber gleichzeitig auch Mitglied einer Gemeinschaft. Sie kann so nicht direkt gegen eine andere Stockwerkeigentümerin auf Einhaltung des Reglements der Stockwerkeigentümergemeinschaft klagen, sondern muss erst einen Beschluss der Gemeinschaft erwirken. Gegen diesen Beschluss kann die Stockwerkeigentümerin dann klagen, wenn sie der Ansicht ist, er verletze das Gesetz oder das Reglement.
Verwaltung muss Reglement nicht klageweise durchsetzen
Die Versammlung der Stockwerkeigentümergemeinschaft kann den Verwalter ermächtigen, einen Zivilprozess zu führen. Daraus, so das Bundesgericht, «folgt jedoch keine Pflicht, das Reglement ungeachtet der konkreten Umstände auf dem Klageweg durchzusetzen». Denn die Versammlung müsse die Freiheit haben, auf eine Klage verzichten zu können. Dies jedenfalls dann, wenn ein sachlicher Grund vorliegt.
Das hier anwendbare Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft untersagt es den Stockwerkeigentümerinnen, «die Böden ihrer Räume übermässig zu belasten und die Beschaffenheit der Bodenbeläge samt Unterbau so zu verändern, dass daraus eine Verschlechterung der Schallverhältnisse zulasten anderer Stockwerkeinheiten resultiert». Möglicherweise verletzt die Verlegung des neuen Bodenbelages das Reglement. Allerdings betrifft dies nur das Verhältnis von zwei Stockwerkeinheiten, gemeinschaftliche Interessen sind nicht tangiert. Damit liegt gemäss Bundesgericht ein sachlicher Grund für die Versammlung vor, auf eine Klage zu verzichten.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab und auferlegt den Beschwerdeführerinnen die Gerichtskosten in der Höhe von 3 000 CHF.