Gesundheit
Muss ich mehr als 20% der Pflegekosten selbst übernehmen?
Nein. Die Versicherten müssen von den Pflegeleistungen gemäss Krankenversicherungsgesetz maximal 20% des auf Bundesstufe festgelegten Höchstbetrages übernehmen. Dies hat das Bundesgericht mit Urteil vom 20. Juli 2018 entschieden.
Die obligatorische Krankenversicherung leistet einen nach Pflegestufe gestaffelten Beitrag an die Pflegeleistungen im Pflegeheim. Der versicherten Person dürfen dabei «von den nicht von Sozialversicherungen gedeckten Pflegekosten höchstens 20 Prozent des höchsten vom Bundesrat festgesetzten Pflegebeitrages überwälzt werden. Die Kantone regeln die Restfinanzierung».
Diese Regelung der Restfinanzierung darf aber nicht dazu führen, dass der Selbstbehalt der versicherten Person 20% übersteigt. Die Kantone dürfen den kantonalen Höchstansatz übersteigende Kosten auch nicht dem Pflegeheim in Rechnung stellen.
Unklar, wer welche Pflegeleistungen zu finanzieren hat
Die versicherte Person lebt im Alterszentrum und meldet sich zum Bezug von Leistungen aus der kantonalen Pflegefinanzierung an. Die Ausgleichskasse spricht ihr bei einer Pflegetaxe von 100 CHF / Tag einen Betrag von 33.40 pro Tag zu, wobei die Krankenkasse bereits 45 CHF pro Tag übernommen hatte. Nach verschiedenen Gerichtsverfahren korrigiert die Ausgleichskasse den aus der Restfinanzierung des Kantons zu zahlenden Betrag auf gestaffelt bis zu 85.40 CHF / Tag. Das kantonale Versicherungsgericht heisst die Beschwerde dagegen teilweise gut und weist die Sache zur Neuberechnung an die Ausgleichskasse zurück. Diese führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vor Bundesgericht, welches die Beschwerde abweist.
Restfinanzierung ist vom Kanton zu gewährleisten
Krankenkasse, versicherte Person und der Kanton übernehmen nach einem bundesrechtlich festgelegten Verteilschlüssel die Kosten für die Pflegeleistungen ausserhalb der Akut- und Übergangspflege.
Die Krankenkasse übernimmt einen Anteil der Pflegeleistungen gestaffelt nach Pflegebedarf. Zum Zeitpunkt des Urteils lag der Höchstbetrag bei 108 CHF pro Tag, aktuell liegt der Betrag für die höchste Pflegestufe bei 115.20 CHF pro Tag. Der Selbstbehalt der versicherten Person darf 20% nicht übersteigen. Der Kanton muss die Restfinanzierung gewährleisten, ohne die Krankenkasse oder die versicherte Person zusätzlich zu belasten.
Kantone dürfen Mehrkosten der Pflege nicht Privaten überwälzen
Die Kantone müssen im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht dafür sorgen, dass die Pflegeleistungen wirtschaftlich erbracht werden. In der Ausgestaltung der Restfinanzierung dürfen die Kantone dafür eine Höchstgrenze für die Beiträge der öffentlichen Hand an die Pflegekosten festlegen. (Siehe auch: «Muss eine Spitex dem Tarifvertrag beitreten?») Sind diese Beiträge jedoch nicht kostendeckend, widersprechen sie der bundesrechtlichen Regelung der Verteilung der Pflegekosten. Denn das Parlament wollte es den Kantonen lediglich überlassen, ob die Gemeinden oder die Kantone den Fehlbetrag finanzieren sollen. Keine Option ist es, die Restfinanzierung Privaten – dem Pflegeheim oder der versicherten Person – zu übertragen.
Der Kanton hat entsprechend im vorliegenden Fall sämtliche ungedeckten Restkosten zu übernehmen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde in dem Punkt der Restkosten ab und verpflichtet die Ausgleichskasse zur Übernahme der Gerichtskosten von 500 CHF sowie zu einer Parteientschädigung im Umfang von 2'400 CHF.
Aktualisiert am 14. Juli 2022