Familie

Muss ich nach wie vor Unterhalt zahlen, wenn ich auswandere?

Wer gegenüber Minderjährigen unterhaltspflichtig ist, muss sich um ein angemessenes Einkommen bemühen. Dies gilt auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige in sein Heimatland auswandert und dort einen tieferen Lohn erzielt, wie das Bundesgericht mit Urteil vom 1. Dezember 2023 bestätigt hat.

Eltern müssen für den Unterhalt ihrer minderjährigen Kinder aufkommen. Kann der unterhaltspflichtige Elternteil aufgrund seines Einkommens keinen angemessenen Beitrag leisten, kann das Gericht ein hypothetisches Einkommen annehmen, sofern dem Unterhaltsschuldner eine entsprechende Erwerbstätigkeit zuzumuten ist. Dies ist auch dann nicht willkürlich, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil deswegen seinen Wohnort verlassen und in einem anderen Land eine Stelle annehmen muss. (Siehe aber: «Darf das Gericht der Mutter verbieten, auszuwandern?»)

Vater will Unterhalt an ausländisches Lohnniveau anpassen

Ein Ehepaar wohnt mit seinen Töchtern in der Schweiz. Nachdem die Arbeitgeberin den Arbeitsvertrag aufgelöst hatte, zieht der Mann zurück in sein Heimatland Polen. Dort reicht er eine Scheidungsklage ein. Die Mutter reist im Anschluss daran für ein Familienfest mit den Kindern nach Polen. Da der Vater die Kinder in Polen zurückbehalten will, muss die Mutter ein Kindesrückführungsverfahren einleiten lassen. Nach der Rückführung der Kinder in die Schweiz spricht das zuständige Zivilgericht der Mutter das Obhutsrecht zu und verpflichtet den Vater zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen. Das Appellationsgericht bestätigt den Entscheid und erhöht die jeweiligen Beträge auf gut 1 300 CHF pro Kind und Monat. Dagegen reicht der Vater beim Bundesgericht eine Beschwerde in Zivilsachen ein.

Rückkehr ins Heimatland ändert nichts an Höhe des Unterhaltsbeitrags

Der Vater argumentiert, die Familie habe immer schon die Absicht gehabt, in sein Heimatland Polen auszuwandern und er selbst sei dort verwurzelt. Er sei deswegen nur zu einer seinem polnischen Gehalt angepassten Unterhaltszahlung von 100 CHF pro Kind und Monat verpflichtet. Er überzeugt die Gerichte damit nicht, so haben etwa weder die Mutter noch ihre Kinder einen engen Bezug zu Polen.

Das Bundesgericht hält fest, dass beim Kindesunterhalt eine «besondere Anstrengungspflicht [gilt], der zufolge ein unterhaltspflichtiger Elternteil zur umfassenden Ausschöpfung seiner Erwerbskraft verpflichtet ist». Dies kann «dazu führen, dass er seine persönliche Lebensgestaltung neu ausrichten muss, um der Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern nachzukommen». Im konkreten Fall ist es dem Vater zumutbar, wieder in die Schweiz zu ziehen, um hier zu arbeiten und die Unterhaltsbeiträge bezahlen zu können. Denn dieser hatte bereits über neun Jahre in der Schweiz gearbeitet und es sei davon auszugehen, dass er wieder ein vergleichbares Einkommen erzielen würde. (Siehe auch: «Kann ich den Unterhalt kürzen, weil meine Ex mit dem Sohn auswandert?»)

Das Bundesgericht bestätigt den Entscheid der Vorinstanz, die Unterhaltsbeiträge aufgrund des in der Schweiz erzielbaren hypothetischen Einkommens zu berechnen. Es weist die Beschwerde ab und auferlegt dem Beschwerdeführer die Gerichtskosten in der Höhe von 2 000 CHF.