Wohnen

Subventioniertes Haus: Darf die Stadt mir nach 30 Jahren kündigen?

Die Vermieterin eines subventionierten Hauses darf den Mietvertrag nachträglich ändern und namentlich Belegungsvorschriften machen.

Die Vermieterin einer gemeinnützigen Liegenschaft darf den Mietvertrag unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften anpassen und einer Mieterin kündigen, wenn diese die neu geltenden Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. Namentlich darf die Vermieterin subventionierten Wohnraum bevorzugt Mehrpersonenhaushalten zur Verfügung stellen. Der Kündigungsschutz wegen Änderung der familiären Verhältnisse gilt nicht auf unbestimmte Zeit. Dies hat das Bundesgericht mit Urteil vom 19. August 2024 bestätigt.

Stadt ändert Mietvertrag für subventioniertes Wohnhaus

Die Stadt Zürich schliesst 1995 mit einem Ehepaar einen Mietvertrag über ein 6-Zimmer-Einfamilienhaus für monatlich 2 860 CHF ab. Im August 2020 teilt die Stadt der inzwischen verwitweten Mieterin mittels amtlichem Formular Änderungen des Mietvertrags mit. Darin informiert die Stadt die Mieterin, dass ab dem 1. Januar 2024 für subventionierten Wohnraum neue Vorschriften betreffend Wohnungsbelegung gelten. Nach erfolglosem Schlichtungsverfahren erhebt die Mieterin bei dem Mietgericht Klage und beantragt, die einseitigen Mietvertragsänderungen seien aufzuheben. Das Mietgericht heisst die Klage gut und erklärt die Mietvertragsänderung für missbräuchlich. Auch das kantonale Obergericht weist die Berufung der Stadt Zürich ab. Daraufhin erhebt die Stadt Zürich Beschwerde in Zivilsachen ans Bundesgericht.

Stadt darf eigene Liegenschaften optimal auslasten

Gegenüber den zum Zeitpunkt des Mietvertrags geltenden Regelungen für subventionierten Wohnraum legt die Stadt Zürich neu fest, dass die «Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner eines Mietobjekts (…) die Zahl der Zimmer um höchstens eins unterschreiten» darf. Bei einer Unterbelegung kann die Stadt den Mietvertrag kündigen. Sie verpflichtet sich aber, der Mietpartei vorher «nach Möglichkeit zwei zumutbare Ersatzangebote» zu machen.

Laut Vorinstanz schreibe der Mietvertrag keine spezielle Nutzung vor, weswegen der «übliche Gebrauch» nach objektiven Kriterien zu bestimmen sei. Wohne die Mieterin alleine im Haus, sei dies im Interesse der Stadt, da die Abnutzung geringer sei. Das Bundesgericht hingegen hält fest, dass die Stadt Zürich berechtigterweise eine «optimale Auslastung der städtischen Liegenschaften» anstrebe. Dies diene der Allgemeinheit, sei doch der Wohnraum in Zürich notorisch knapp. Damit erfolge die Vertragsanpassung aufgrund eines schützenswerten Interesses und sei nicht missbräuchlich.

Kündigungsschutz bei Änderung familiärer Situation gilt nicht ewig

Die Vorinstanz argumentiert, die Kündigung erfolge aufgrund der Änderung ihrer familiären Situation und sei damit missbräuchlich. (Siehe auch: «Darf uns die Vermieterin kündigen, weil wir ein Kind adoptieren?») Das Bundesgericht hingegen weist darauf hin, dass die Mieterin die Liegenschaft seit 8 Jahren alleine bewohne. Der Kündigungsschutz könne aber «vernünftigerweise nicht auf unbestimmte Zeit gelten». Denn damit wäre eine nachträgliche Vertragsanpassung kaum mehr möglich und dies entspreche weder dem Sinne des Gesetzes noch der Vertragsfreiheit.

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und hebt das vorinstanzliche Urteil auf. Es verpflichtet die Mieterin zur Übernahme der Gerichtskosten im Umfang von 2 000 CHF sowie zur Parteientschädigung in der Höhe von 2 500 CHF.