Familie

Was passiert mit dem Kind, wenn die Mutter ins Gefängnis muss?

Auch eine alleinerziehende Mutter muss ihre Gefängnisstrafe antreten. Ausnahmen sind nur für Mütter von Kleinkindern möglich.

Die Kantone müssen einen einheitlichen Vollzug strafrechtlicher Sanktionen gewährleisten. Die Halbgefangenschaft oder die elektronische Überwachung mit Fussfessel ist nur möglich bei einer Freiheitsstrafe von bis zu 12 Monaten. Abweichende Vollzugsformen sind namentlich für Mütter von Kleinkindern möglich. Eine Mutter von grösseren Kindern hat keinen Anspruch auf eine Anpassung der Haftbedingungen. Dies hat das Bundesgericht mit Urteil vom 17. August 2020 bestätigt.

Gericht lehnt Hafterleichterungen für Mutter ab

Das Kantonsgericht Luzern verurteilt 2017 eine alleinerziehende Mutter von damals 4- und 10-jährigen Kindern zu einer Freiheitsstrafe von gut 4 Jahren. Im Februar 2019 setzt die zuständige Stelle den Strafantritt mit Vollzugsverfügung fest. Gegen diese Verfügung erhebt die Mutter Beschwerde und beantragt die Aufschiebung der Haftstrafe und die Anpassung der Haftbedingungen, damit sie ihre Kinder öfter sehen könne. Das Kantonsgericht weist die Beschwerde ab, worauf die Mutter im November 2019 mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht gelangt.

Inhaftierte Mutter muss Fremdbetreuung akzeptieren

Eine rechtskräftig verhängte Strafe ist in aller Regel unabhängig von den persönlichen Merkmalen der verurteilten Person zu vollziehen. Liegt allerdings die gemeinsame Unterbringung im Interesse des Kleinkindes, darf die zuständige Behörde von den üblicherweise geltenden Vollzugsregeln abweichen. Kinder gelten bis zu ihrem vollendeten dritten Lebensjahr als Kleinkinder.

Eine inhaftierte Mutter hat keinen Anspruch darauf, ihr Kind selbst betreuen zu dürfen. Die neueste Rechtsprechung des Bundesgerichts geht von «einer Gleichwertigkeit der Eigen- und Fremdbetreuung aus». Die Gerichte sind aber verpflichtet, für eine angepasste Betreuungs- und Kontaktregelung zu sorgen. Ein monatliches Besuchsrecht ist dabei genügend, um eine tragfähige Beziehung aufrechtzuerhalten. Aus der Kinderrechtskonvention kann die Mutter keine weitergehenden Ansprüche ableiten, denn diese gewährleistet namentlich die Rechte der Kinder im Freiheitsentzug und nicht die Rechte von Kindern inhaftierter Eltern. (Siehe auch: «Darf die KESB ein Baby gegen den Willen der Mutter fremdplatzieren?»)

Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Mutter ab und heisst das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gut.

Aktualisiert am 28. November 2024