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Wie hoch darf die Radio- und TV-Gebühr für KMU sein?

Die Besteuerung gemäss wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit gilt auch für Firmen. Die degressive Tarifstruktur der Medienabgabe bleibt jedoch gültig.
Die Bundesverfassung verankert den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Dieser Grundsatz gilt auch für Unternehmen. Dass der Bundesrat in der Radio- und Fernsehverordnung einen degressiven Steuertarif festlegte, gemäss welchem ein umsatzschwächeres Unternehmen proportional mehr zahlen muss als ein umsatzstärkeres Unternehmen, ist verfassungswidrig. Da das Bundesgericht jedoch die Tarife nicht selbst anpassen darf und die konkreten Auswirkungen gering sind, bleibt die verfassungswidrige Verordnungsbestimmung in Kraft. Dies hat das Bundesgericht mit Urteil vom 27. November 2024 entschieden.
AG wehrt sich gegen Radio- und Fernsehabgabe
Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) stellt einer AG die Radio- und Fernsehgebühr in der Höhe von 2 505 CHF in Rechnung. Die AG erhebt gegen die Rechnung Einsprache, worauf die ESTV ihre Entscheidung bestätigt und nebst der Gebühr Verzugszinsen verlangt. Dagegen erhebt die AG Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht. Dieses stellt die Verfassungswidrigkeit des degressiven Steuertarifs fest, lehnt die Beschwerde jedoch aus Gründen der Verhältnismässigkeit und der Rechtssicherheit ab. Gegen diesen Entscheid erheben sowohl die AG als auch die ESTV Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht.
Degressive Steuern sind verfassungswidrig
Der Bundesrat hat in der Radio- und Fernsehverordnung für die Unternehmen einen degressiven Steuertarif festgelegt. Dieser besteuert ein Unternehmen einer tieferen Tarifkategorie proportional stärker auf seinen Umsatz als ein Unternehmen einer höheren Tarifkategorie. Wie das Bundesgericht schreibt, sind die relativen Unterschiede nicht zu vernachlässigen. So ist beispielsweise die durchschnittliche Steuerbelastung der Tarifkategorie 3 viermal höher als jene der Tarifkategorie 16. Die Verordnungsbestimmung ist damit verfassungswidrig.
Bundesgericht hebt verfassungswidrige Regelung nicht auf
Das Bundesgericht kann auch bei einer verfassungswidrigen Regelung darauf verzichten, sie aufzuheben. Dies namentlich dann, wenn eine Aufhebung zu einem Rechtsvakuum führen würde, wenn das Bundesgericht nicht kompetent ist, die verfassungswidrige Regelung selbst zu korrigieren oder wenn der Allgemeinheit dadurch ein Schaden entstehen würde. Im vorliegenden Fall sind alle diese Punkte erfüllt. Die Anwendung der früher geltenden Tarifstruktur fällt weg, da auch diese verfassungswidrig war. Das Bundesgericht kann auch nicht selbst die Tarife bestimmen. Betroffen von dem Rechtsvakuum wären zahlreiche Unternehmen, was wiederum die Finanzierung von Radio und Fernsehen gefährden würde: Wie das Bundesgericht ausweist, machen die Abgaben von Unternehmen pro Jahr gut 160 Millionen Franken aus.
Eine Aufhebung der Bestimmung scheitert zudem an der Verhältnismässigkeit. Denn auch wenn die relativen Unterschiede der Besteuerung massiv sind, sind die absoluten Differenzbeträge relativ gering.
Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab und bestätigt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Es auferlegt die Gerichtskosten von CHF 4 000 je zur Hälfte der AG und der ESTV. Die ESTV muss der AG eine Parteientschädigung von CHF 2 000 zahlen.