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Berechtigt eine Dyslexie zum Nachteilsausgleich in der Lehre?

Lehrbetrieb, überbetriebliche Kurse und Berufsfachschule müssen der lernenden Person mit nachgewiesener Dyslexie einen Nachteilsausgleich gewähren.

Sowohl das Berufsbildungsgesetz wie auch das Behindertengleichstellungsgesetz schreiben den für die Bildung verantwortlichen Institutionen vor, Bildungsangebot und Prüfungen den Bedürfnissen Behinderter anzupassen. Liegt eine bestätigte Dyslexie, auch Legasthenie oder Lese-Rechtsschreib-Störung (LRS) genannt, vor, hat die lernende Person Anrecht auf einen Nachteilsausgleich. Mithilfe von Unterstützungsmassnahmen wie etwa einem Zeitzuschlag muss sie dieselben Lernziele wie alle anderen Lernenden erreichen, um die Lehre erfolgreich abzuschliessen.

Nachteilsausgleich nur auf Gesuch hin

Zu Beginn der Ausbildung informieren die Berufsfachschulen die Lernenden darüber, dass sie bei einer nachgewiesenen Lernschwierigkeit ein Gesuch um einen Nachteilsausgleich stellen können.

Wenn es auch kantonal unterschiedlich geregelt ist, wo die lernende Person was wann einreichen muss, so sind doch die grundlegenden Schritte überall dieselben: Die lernende Person muss ihre Legasthenie mit einem von einer im entsprechenden Kanton anerkannten Fachstelle verfassten Gutachten bestätigen lassen. Das Gutachten reicht sie zusammen mit dem Gesuch bei der zuständigen Stelle ein. Diese entscheidet schriftlich über das Gesuch. Ist die lernende Person mit dem Entscheid nicht einverstanden, kann sie eine formelle Verfügung mit Rechtsmittelbelehrung verlangen.

Aufgepasst: Die lernende Person muss das Gesuch bei jedem betroffenen Lernort einzeln einreichen: Bei dem Lehrbetrieb, den überbetrieblichen Kursen und der Schule sowie allenfalls bei der Prüfungskommission. Dabei muss sie die jeweils geltenden, unterschiedlich angesetzten, Fristen beachten.

Nachteilsausgleich in allen Phasen der Lehre möglich

Die für die Berufsbildung zuständigen Lernorte können im Rahmen des Nachteilsausgleichs verschiedene Massnahmen ergreifen. So können sie etwa die Unterrichtsmethodik anpassen, die Arbeitsmaterialien anders aufbauen, bei Prüfungen mehr Zeit gewähren oder auf die Bewertung von Rechtschreib- und Grammatikfehlern verzichten. Das kantonale Berufsbildungsamt kann zudem die Dauer der beruflichen Grundbildung für Personen mit Lernschwierigkeiten individuell verlängern.

Für die Lehrabschlussprüfung (LAP) muss die Prüfungskommission der Kandidatin auf Gesuch hin einen angemessenen Zeitzuschlag gewähren, sofern sie aufgrund ihrer Dyslexie länger für die Prüfung braucht.

Aufgepasst: Ein Nachteilsausgleich verändert die Lernziele nicht. Die Schule darf ihn deswegen im Zeugnis nicht erwähnen. (Siehe aber: «Hat ein Kind Anspruch auf einen Platz in der Regelschule?»)