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Motorradunfall ohne Schutzkleidung. Darf der Chef den Lohn kürzen?
Wer ohne Schutzhelm Motorrad fährt, geht ein Wagnis ein. Bei einem Unfall kann sowohl die Arbeitgeberin den Lohn für die ersten beiden Fehltage kürzen als auch die Unfallversicherung das Taggeld reduzieren.
Arbeitgeberin und Unfallversicherung können ihre Leistungen kürzen, wenn der Unfall des Arbeitnehmers auf ein grobes Selbstverschulden zurückzuführen ist. Ohne grobes Selbstverschulden ist die Arbeitgeberin während der ersten beiden Fehltage nach einem Unfall gesetzlich verpflichtet, 80% des versicherten Verdienstes als Lohnfortzahlung zu leisten.
Motorradfahren ohne Helm ist grobfahrlässig
Die Lohnfortzahlungspflicht der Arbeitgeberin während der ersten beiden Fehltage nach dem Unfall gilt nur dann uneingeschränkt, wenn der Arbeitnehmer nicht aus eigenem Verschulden arbeitsunfähig ist. Allerdings darf die Arbeitgeberin den Lohn nur bei grobem Fehlverhalten kürzen. Ist der Arbeitnehmer etwas riskant gefahren und deswegen verunfallt, droht keine Kürzung. Ohne Schutzkleidung und ohne Helm Motorrad zu fahren ist aber nicht nur etwas riskant, sondern eben grobfahrlässig und dürfte dazu führen, dass das Gericht eine Lohnkürzung stützen würde.
Auch die Unfallversicherung kürzt das Taggeld, wenn die versicherte Person elementare Vorsichtsmassnahmen missachtet und damit «den Unfall grob fahrlässig herbeigeführt hat». Das Bundesgericht erachtet das Nichttragen eines Schutzhelms beim Motorradfahren als grobfahrlässig und stützt eine Leistungskürzung von 10%. Ist der Arbeitnehmer in seiner Freizeit bei einem Motorradrennen oder beim Training dazu verunfallt, kann die Unfallversicherung die Geldleistungen in besonders schweren Fällen sogar ganz streichen, denn dies gilt als – nicht versichertes – Wagnis. Eine Zusatzversicherung kann auch Wagnisse abdecken.
Regulärer Anspruch auf vier Fünftel des Lohnes
Ohne grobes Selbstverschulden hat der Arbeitnehmer während der ersten beiden unfallbedingten Fehltagen einen Anspruch auf mindestens 80% seines Lohnes. Grundlage für die Berechnung ist der Lohn, welchen die verunfallte Person zuletzt erhalten hat. Sehen Arbeitsvertrag oder GAV eine grosszügigere Regelung vor, gilt diese. Eine allfällig von der Arbeitgeberin abgeschlossene kollektive Unfallversicherung kann ein ergänzendes Taggeld von 20% leisten.
Ab dem dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit wegen eines Unfalls zahlt die Unfallversicherung ein Taggeld aus. Bei voller Arbeitsunfähigkeit und ohne grobes Selbstverschulden beträgt dieses 80% des versicherten Verdienstes. Der Höchstbetrag des versicherten Verdienstes beträgt 406 CHF pro Tag, auch hier kann eine Zusatzversicherung die allfällige Differenz übernehmen.
Aufgepasst: Arbeitet der Arbeitnehmer weniger als 8 Stunden wöchentlich für die Arbeitgeberin, ist er nicht obligatorisch gegen einen Nichtbetriebsunfall versichert. Hat das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert oder wurde es für mehr als drei Monate abgeschlossen, muss die Arbeitgeberin den Lohn für eine beschränkte Zeit aus der eigenen Tasche weiter zahlen. Auch dies unter der Voraussetzung, dass kein grobes Selbstverschulden vorliegt.
Aktualisiert am 15. Juni 2023