Familie

Darf das Gericht der Mutter verbieten, auszuwandern?

Ein Gericht darf lediglich darüber entscheiden, welcher Aufenthaltsort für die Kinder der Beste ist. Es darf aber nicht einem Elternteil vorschreiben, in der Schweiz wohnen zu bleiben. Dies hat das Bundesgericht mit Urteil vom 5. November 2019 bestätigt.

Wer die elterliche Sorge hat, darf den Aufenthaltsort des Kindes bestimmen. Bei gemeinsamer elterlicher Sorge darf ein Elternteil nur mit Zustimmung des anderen Elternteils mit den Kindern ins Ausland ziehen. Ist der andere Elternteil mit der Auswanderung nicht einverstanden, muss das Gericht oder die Kindesschutzbehörde entscheiden. Dabei darf das Gericht lediglich über den Aufenthaltsort der Kinder, nicht aber über den Aufenthaltsort eines Elternteils bestimmen. Entscheidend ist dabei, wo das Kindeswohl am besten gewahrt ist.

Mutter will mit Kindern zurück nach Peru

Ein peruanisches Ehepaar lebt seit 2013 mit seinen beiden gemeinsamen minderjährigen Kindern in der Schweiz. Es einigt sich im Rahmen des Eheschutzverfahrens insbesondere darüber, dass die Obhut bei der Mutter sein soll. Die gemeinsame elterliche Sorge bleibt bestehen, jedoch unter gleichzeitigem Kontaktverbot des Vaters gegenüber seiner Ehefrau und seinen Kindern. Im Sommer 2018 scheitert die Ehefrau mit dem Antrag vor Gericht, ihre Auswanderung mit den beiden Kindern nach Peru zu genehmigen. Auch das Appellationsgericht weist den Antrag ab. Das Bundesgericht hingegen heisst die Beschwerde in Zivilsachen gut und weist den Fall zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück.

Zügelartikel verhindert Auswanderung nicht

Der Zügelartikel macht den Wegzug eines Elternteils zusammen mit dem Kind oder den Kindern grundsätzlich von der Zustimmung des anderen Elternteils abhängig. Diese Regelung bezweckt, dass die Eltern vor einer Auswanderung prüfen, wie diese die gemeinsame elterliche Sorge und damit das Kindeswohl beeinflusst. Der Zügelartikel verpflichtet aber keinen Elternteil dazu, in der Schweiz wohnen zu bleiben.

Kindeswohl entscheidend für Auswanderung mit Kindern

Bei der alleinigen elterlichen Sorge gehen die Gerichte in der Regel davon aus, dass es im Interesse des Kindes liegt, bei der sorgeberechtigten Person zu bleiben und allenfalls mit auszuwandern. Im Fall der hier vorliegenden elterlichen Sorge ist es entscheidend, ob das Wohl der Kinder besser geschützt ist, wenn sie dem auswanderungswilligen Elternteil folgen. (Siehe auch: «Kann ich den Unterhalt kürzen, weil meine Ex mit dem Sohn auswandert?»)

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist die Sache an die Vorinstanz zurück. Diese wird prüfen müssen, ob es dem Kindeswohl besser dient, mit der Mutter nach Peru zurückzukehren oder in der Schweiz bei dem Vater oder einer anderen Person zu bleiben. Das Bundesgericht gewährt beiden Parteien die unentgeltliche Rechtspflege und übernimmt über die Gerichtskasse vorläufig sowohl die Gerichtskosten in der Höhe von CHF 2 000 wie auch die Parteientschädigung im Umfang von CHF 1 800.

Aktualisiert am 28. September 2023